Millionen-Metropole Shanghai versteigert Kfz-Zulassungen

Um der rasch wachsende Verkehrsdichte entgegen zu wirken, hat die Millionen-Metropole Shanghai die Zahl der Kfz-Zulassungen drastisch limitiert. Bürger können seit dem Jahr 2011 jeden Monat eines der 8.500 begehrten Zertifikate ersteigern - für bis zu 10.000 US-Dollar.

 

Kann die Zulassung eines Fahrzeugs teurer sein als das Auto selbst? Sie kann, und zwar in Shanghai. Die 23-Millionen-Metropole nämlich limitiert die Kfz-Zulassungen drastisch. Nur rund 8.500 der begehrten Zertifikate gibt es pro Monat, und die muss der neue Eigner in einer monatlichen Auktion ersteigern.

 

Die Beträge, zu denen ein neues Kennzeichen über den Tisch wandert, sind astronomisch. Bei der Versteigerung im Mai betrug die Höhe der Gebote laut Kfz-Betrieb Online rund 10.000 US-Dollar, das entspricht knapp 8.000 Euro. Dabei haben die Behörden bereits 800 Schilder mehr ausgegeben als im Monat zuvor. So kamen knapp 40 Prozent der 24.000 Auktionsteilnehmer zu einer Zulassung.

 

Peking vergibt Zulassungen per Losverfahren

 

Zu Beginn 2011 hatte die Stadtverwaltung die Nummernschild-Versteigerung eingeführt, um der rasch wachsenden Verkehrsdichte in der Metropole zu begegnen. So kann außerdem die Öffentliche Hand Monat für Monat nebenbei einen satten Reibach einstreichen.

 

Gerechter gehen die Behörden in Peking vor, wo die Zulassungen gedeckelt worden sind. Dort werden einzig die frei werdenden Zulassungen wieder vergeben, und zwar per Losverfahren.

Kfz-Nummernschild viel mehr wert als Sozialhilfe

Was ist ein Kfz-Nummernschild ohne Auto wert? Überall in der Welt würde die Frage Anlass zum Schmunzeln geben. Nicht so in Shanghai. Dort ist es ein solch unerhörter Vermögenswert, dass es seinen Besitzer vom Erhalt sozialer Nothilfe ausschließt. 

 

Im Mai war ein Autokennzeichen den Shanghaiern  64.000 Yuan (rund 8000 Euro) wert. Wer aber soviel Geld besitzt, weil er auf einem solchen Schild sitzt, habe kein Anrecht auf Sozialhilfe.

 

Dies meldete "Shanghai Daily" unter Berufung auf eine neue Verfügung der Zivilämter. Sie entscheiden, wer die maximal 505 Yuan (60 Euro) monatlichen Überlebenszuschuss erhält,  den die reichste Metropole Chinas ihren Bedürftigen austeilt.  323.000 Shanghaier waren Ende 2011 dazu berechtigt. Am Donnerstag erließ das Zivilamt neue Kriterien.

 

Stadtbürger, die soziale Nothilfe beantragen, müssen nicht nur alles Familieneinkommen angeben, sondern auch ihren Besitz an Sammlungen,  Aktien oder Spareinlagen. 

 

Dabei stand offenbar Deutschland Pate. Jüngst hatte das  Bundessozialgericht entschieden, dass sich Bedürftige in Deutschland den Wert ihrer privaten Kollektionen von Münzen oder Briefmarken anrechnen lassen müssten, wenn sie Hartz-IV Leistungen erhalten.

 

Absurder Autowahn

 

In Shanghai  gehören aber auch Nummernschilder dazu, weil sie sich buchstäblich in Gold aufwiegen lassen, solange sie noch für den Autoverkehr zugelassen sind. Sie sind  damit zugleich Kennzeichen für den absurden Autowahn, dem Chinas Städter verfallen sind.

 

In der Metropole fahren heute mehr als 1,7 Millionen Privatwagen herum.

 

Es wären doppelt so viele,  wenn die Stadtväter 1994 nicht bei Zulassungen die Notbremse  gezogen hätten. Nach sozialistischem Gusto ließen sie den Zuwachs rationieren, verwendeten aber  kapitalistische Mittel dazu.

 

Seit 18 Jahren muss nun jeder Bürger,  der in  Shanghai ein Auto zulassen will, seine Autonummer ersteigern.

 

Monatlich gab seither die Verkehrsverbehörde 4000 bis 7000 Neuzulassungs-Nummern frei. Doch in diesem Jahr erreichte die Nachfrage und damit der Preis lichte Höhen. Im Mai stellte er mit 64,387 Yuan pro Kfz-Schild einen neuen Rekord nach fünf Monaten ununterbrochenem Anstieg auf.

 

Fünf Millionen Pkw verstopfen die Straßen Pekings

 

Und das, obwohl die Stadt mit 9300 erlaubten Neu-Zulassungen  mehr Lizenzen als jemals vergab. Dennoch gingen fast zwei Drittel der Bieter leer aus. Sie müssen auf die nächste Auktion im Juni hoffen.

 

Die Hauptstadt Peking, in der mehr als fünf Millionen Pkw alle Straßen verstopfen, beschränkt neue Autozulassungen  wenigstens über ein sozial gerechtes Lotteriesystem, bei dem sie monatlich maximal 20.000 neue Schilder für Autoanmeldungen vergeben lässt.

 

Shanghai aber schwört auf den Auktionsverkauf. Kfz-Nummern können sich so zwar nur die Reichen leisten, aber die Stadt verdient mit.  2,59 Milliarden Yuan nahm sie 2009 ein. 4,15 Milliarden Yuan (520 Millionen Euro) waren es  2010.

 

Die  unverhofften Einnahmen (Tendenz stark steigend) würden in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, in Subventionen für Busse oder in die Finanzierung von Freifahrten für Rentner zurückfließen, verspricht der Finanzbürgermeister.   

 

"Teuerstes Blechstück der Welt"

 

Längst spotten die Shanghaier  über ihre Nummernschilder als die "teuersten Blechstücke der Welt", wie Xinhua schrieb. Für den Preis eines Schildes könne man einen chinesischen Kleinwagen, oder inzwischen sogar zwei  kaufen.

 

Dem verarmten Besitzer eines noch gültigen Kfz-Schilds, das er etwa aus der Zeit aufhob, als er noch ein Auto besaß, oder das ihm nach einem selbstverschuldeten Unfall mit Totalschaden übrigblieb, sei zuzumuten, es meistbietend zu verkaufen. 

 

Das meint zumindest das Zivilamt, bevor der Kfz-Schild-Besitzer Anspruch auf die 505 Yuan anmelden kann. In dieser Woche,  so schrieb "Shanghai Daily", sei der Preis für ein Secondhand-Nummernschild  auf 67.000 Yuan (8400 Euro) gestiegen.