Massenschlägerei der Schildermafia in Berlin

Ein Tag nach dem Messer-Gemetzel Schilder-Mafia fischt weiter nach Opfern

Berliner Kurier, 20.03.2013

 

Kreuzberg –  30 Männer aus dem Milieu der Schilder-Mafia prügeln sich direkt vor der Kfz-Zulassungsstelle, es gibt mehrere Schwerverletzte und zwei Festnahmen. Nur einen Tag nach der blutigen Auseinandersetzung geht das miese Geschäft weiter – als sei nichts passiert.

 

„Kommst du mit, los, bei uns bekommst du einen guten Preis“, sagt ein stämmiger Mann zu unserem Reporter. Er hält ihn wohl für einen ahnungslosen Bürger, den er über den Tisch ziehen kann. Die Masche: Aus den zuerst versprochenen 4 Euro für zwei Autokennzeichen werden plötzlich 40 Euro – und die werden von den ebenso dubiosen wie breitschultrigen Schilder-Verkäufern dann mit Nachdruck eingefordert.

 

Am Dienstag prügelten sich rund 30 dieser „Verkäufer“ auf offener Straße, es ging laut einem Ermittler „darum, wer wo stehen und Kunden abgreifen darf“. Und anscheinend sind die Machtverhältnisse geklärt: Auf mehreren Hundert Metern stehen die Schilder-Mafiosi nun erneut auf der Jagd nach ahnungslosen Opfern an der Jüterboger Straße.

 

Doch als sie mitbekommen, dass ihr vermeintliches Opfer Reporter ist, umringen sie ihn, werfen ihm finstere Blick zu und geben ihm den „Ratschlag, sich nicht in fremde Geschäfte einzumischen: Klar?!“ Erst als ein Streifenwagen durch die Straße fährt, verschwinden die Männer wie zufällig und ganz plötzlich in den umliegenden Schilder-Läden ... KOB, PDE

Bei einer Massenschlägerei in einer Berliner Zulassungsstelle sind fünf Menschen schwer verletzt worden. Nach einem Streit gingen sie auch mit Messern aufeinander los. Die Mordkommission ermittelt.

 

Bei einer Massenschlägerei in einer Berliner Autozulassungsstelle sind fünf Männer schwer verletzt worden. Die 18- bis 51-Jährigen wurden in verschiedene Krankenhäuser gebracht, wie die Polizei mitteilte.

Drei Tatverdächtige im Alter von 17, 20 und 25 Jahren seien festgenommen worden. Eine Mordkommission ermittelt wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdeliktes.

 

Dazu werden neben den Verdächtigen auch zahlreiche Zeugen befragt. Die Motive sind für Insider offenkunig, denn der Markt de rSchildermafia ist härte umkämpft als der Straßenstrich. Allein Autoschilder Kürzinger soll schon Millionen "schwarz" erwirtschaftet haben. Laut einem Ermittler ging es um Streitigkeiten und Gebietsansprüche der sogenannten Schilder-Mafia. Am Ausgang der Kreuzberger Kfz-Zulassungsstelle werden Autobesitzer häufig von dubiosen Männern abgefangen und mit dem Versprechen, nur 3,99 Euro für die Schilderbedruckung zu zahlen, in einen Container der Gauner gelockt. Am Ende werden aus den 3,99 Euro dann aber plötzlich 40 Euro oder mehr ...

 

Nahe des Tatorts befindet sich auch die Polizeidirektion 5.

 

Nach einem Bericht der "Abendschau" hatte es zunächst eine Auseinandersetzung zwischen zwei Männern gegeben.

 

Mit Schlagutensilien und Messern

 

Nachdem Zeugen die Streithähne voneinander getrennt hätten, hätten diese sich Unterstützung herbeigeholt. Der Streit ging weiter.

Zwei größere Gruppen gingen den Angaben der Polizei zufolge mit Schlagutensilien sowie Messern zunächst im Gebäude in der Jüterboger Straße aufeinander los. Danach sei die Prügelei auf dem Hof weitergegangen.

 

Ein Beamter gab vor dem Zulassungsgebäude einen Warnschuss in die Luft ab und die Lage beruhigte sich laut Polizei zunächst. Allerdings nicht lange. Kurze Zeit später prügelten beide Gruppen wieder aufeinander ein. Nur weitere alarmierte Polizisten brachten die Lage schließlich unter Kontrolle.

BETRUG

Berliner Kriminelle handeln mit Autokennzeichen

Montag, 24. August 2009 10:29  - Von Hans H.Nibbrig und Stefan Schulz

Die Anzahl von Straftaten in Verbindung mit Kurzzeitkennzeichen ist stark angestiegen. Die festgestellten Delikte sind Betrug, Steuerhinterziehung und Sozialhilfemissbrauch. Die organisierte Kriminalität soll hinter dem Handel mit den Kennzeichen stecken. Die Berliner Polizei scheint machtlos.

Die Berliner Polizei hat einen starken Anstieg von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten festgestellt, die mit der Vergabe von Kurzzeitkennzeichen in Verbindung stehen. Sicherheitsexperten vermuten schon seit einiger Zeit, dass die organisierte Kriminalität hinter dem Handel mit diesen Nummernschildern steht. Dabei gehe es weniger um Kennzeichenmissbrauch als um Delikte wie Betrug, Steuerhinterziehung und Sozialhilfemissbrauch. Denn die Halter dieser Nummernschilder arbeiten mit Deckadressen. Straftaten können so nur schwer aufgeklärt werden.

Nach Polizeiangaben gab es im Jahr 2008 insgesamt 793 Fälle des Kennzeichenmissbrauchs und 284 Fälle des missbräuchlichen Herstellens, Vertreibens und Ausgebens von Kennzeichen. Ein Polizeisprecher sagte, im Vergleich zu 2006 und 2007 sei ein „deutliches Ansteigen in diesem Deliktbereich“ zu verzeichnen. Das soll vor allem an der Kreuzberger Kfz-Zulassungsstelle an der Jüterboger Straße zu beobachten sein, sagen Ermittler. Dort habe sich in den vergangenen Monaten ein schwunghafter Handel mit den Kurzzeitkennzeichen entwickelt.

 

Einzelne Schilderhändler haben sich Tausende dieser Nummernschilder aus allen Bundesländern besorgt, die sie für wenig Geld an ihre Kunden abgeben. Die Beamten ermittelten bereits zwei Personen, die seit 2007 mehr als 3000 dieser Nummernschilder aus allen Bundesländern erworben hatten. Die Polizei spricht inzwischen von einer eigenen Zulassungsstelle der Schilderhändler – spätestens seit dem Streik im öffentlichen Dienst, als die Behörde tagelang nicht besetzt war. In Berlin darf man inzwischen nur noch zwei Kurzzeitkennzeichen erwerben, in anderen Bundesländern gilt diese Regel aber nicht.

 

Das Innenministerium in Baden-Württemberg wies unlängst auf die Problematik hin. „Um dem beobachteten ,Kurzzeitkennzeichen-Tourismus‘ entgegenzuwirken, halten Bund und Länder eine strengere Bedarfsprüfung für erforderlich“, heißt es in einem Schreiben. Geschehen ist bislang aber nichts. Auch die Gemeinschaft der Schilderhersteller und Versicherungskaufleute an der Jüterboger Straße ist aufgeschreckt. Ihr Sprecher, Klaus-Peter Thomas, sagt: „Der Missbrauch unterliegt nicht unserem Mitwirken. Wir haben keinen Einfluss. Aber wir wehren uns, da in ein schlechtes Licht gerückt zu werden.“

Die Kurzzeitkennzeichen kann man in der Regel recht einfach erwerben. Da sie für Privatleute sind und eigentlich für Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrten gelten, sind sie nur fünf Tage gültig. Zu erkennen sind sie daran, dass nach dem Ortsbuchstaben die schwarze Nummerfolge mit „04“ beginnt.

Mit einer Deckadresse versehen, können sie leicht an Unbefugte weitergegeben werden. Den Ermittlern fiel das zuletzt auf, weil damit massenhaft Ordnungswidrigkeiten und Straftaten begangen wurden. Letzter Fall: Der mutmaßliche Todesfahrer vom Potsdamer Platz ist mit seinem Bruder in Blankenfelde mit seinem Auto tödlich verunglückt. Das Fahrzeug hatte ein Kurzzeitkennzeichen. In einem weiteren Fall hat die Polizei unlängst einen 500er-Mercedes mit fünfstelligem Wert sichergestellt, dessen Fahrer nicht nachweisen konnten, wer der Eigentümer ist.

 

EINSCHALTUNG DES BKA GEFORDERT

„Es geht hier um die vernetzte organisierte Kriminalität“, sagt der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bodo Pfalzgraf. Betrug, Diebstahl und Sozialhilfemissbrauch seien die Delikte, mit denen es die Beamten zu tun hätten. Pfalzgraf fordert, dass sich jetzt das Bundeskriminalamt einschaltet, da es sich um ein länderübergreifendes Problem handelt.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) will „knallharte Kontrollen“ derjenigen, die sich solche Schilder besorgen. BDK-Landesvize Michael Böhl: „Ich kann gar nicht verstehen, wofür ein Privatmann 1000 Nummernschilder benötigt.“ Und CDU-Innenexperte Peter Trapp fordert die Einrichtung einer polizeiinternen Ermittlungsgruppe.