| 21.23 Uhr
Ärger um Schilder-Prägung im neuen Straßenverkehrsamt
Schilderkrieg auf der Oberstraße
Von Chris Stoffels

Schilderkrieg am neuen Straßenverkehrsamt des Kreises im Horten-Haus. Zwei Unternehmen erhielten nach der Ausschreibung den Zuschlag für die Läden unmittelbar neben dem Amt im Kreistrakt des Horten-Hauses zu horrenden Mieten. Andere lassen sich jetzt gegenüber an der Oberstraße nieder: Dort droht ein Schilderwald auf der geplanten Kulturmeile. Auch in die Discothek "New Orleans" an der Oberstraße zieht in Schilder-Präger mit zahlreichen Dienstleistungen, der im Horten-Haus abgelehnt wurde. Es wird befürchtet, dass weitere Präger in Läden an der Oberstraße ziehen.

"Das hat mit einem fairen Wettbewerb nichts mehr zu tun", beklagt sich Mathias Schiffel, zusammen mit seinem Bruder Andreas Betreiber eines Schilder-Präge- sowie eines Werbe-Unternehmens mit Sitz in Rheinland-Pfalz. Schon ihr Vater hatte in den 60ger Jahren die Schilder an die Kunden verkauft, die an der Salzstraße ihr Auto angemeldet haben. "In den 30 Jahren der Zusammenarbeit hat es keine Schwierigkeiten gegeben", berichtet Mathias Schiffel. Doch bei dem Wechsel des Straßenverkehrsamtes voraussichtlich zum 1. November in das Horten-Haus wird der Schiffel-Betrieb nicht berücksichtigt.

"Der Kreis guckt nur darauf, dass er Kasse macht, nur die größten Unternehmen der Branche haben noch Chancen", beklagt Schiffel. Zu Phantasiepreisen - laut Schiffel stehen Mieten von 14.000 und 16.000 Mark für 20 beziehungsweise 24 Quadratmeter in Rede - soll der Kreis die beiden Schilderräume an zwei Große der Branche, einen Unternehmer aus Delmenhorst und ein türkisches Unternehmen aus dem Ruhrgebiet, vermieten; die Verträge sollen in Kürze unterschrieben werden. Schiffel hat nach eigenen Angaben 5.000 Mark Festmiete angeboten "und die Zusage, dass wir drei Langzeitarbeitlose auf 630-Mark-Basis beschäftigen".


Doch von dieser sozialen Komponente ist nach Angaben von Kreis-Pressesprecher Harald Vieten dem Kreis nicht bekannt. "Im übrigen ist der Kreis verpflichtet, bei der Ausschreibung das günstigste Angebot anzunehmen; hinzu kommen muss die Gewähr, dass das Mietverhältnis ordnungsgemäß erfüllt wird." Und das sei unter den insgesamt 28 eingegangenen Angeboten bei den beiden Unternehmen der Fall. Die geschlagenen Schilder-Präger wollen nicht aufgeben. Einer sicherte sich ihn Verhandlungen mit dem Neusser Bauverein einen Platz auf dem Parkdeck des Horten-Hauses. Ein weiterer Mitbewerber geht - entgegen einer Bedingungen des Kreises - sowohl in das Horten-Haus als auch an die Oberstraße.


"Vermutlich will er den zweiten Laden später teuer verkaufen." Dieses Geschäft entsteht in einem Teil des Imbiss-Ladens an der Oberstraße. Das Neusser Rathaus bestätigt: "Dort ist eine Nutzungsänderung beantragt." Schließlich gehen auch die Brüder Schiffel an die Oberstraße. Dort ziehen sie in die Diskothek "New Orleans" und werden dort neben den Auto-Kennzeichen auch Passbilder fertigen und eine Reihe weiterer Dienstleistungen anbieten. Schiffel glaubt, "dass wir vor allem dann ein gutes Geschäft machen können, wenn wir die Schilder billiger anbieten als im Horten-Haus kombiniert mit einem kompletten Service".


Mathias und Andreas Schiffel fordern, dass die gesamte Schilderprägung rund um die Straßenverkehrsämter wieder dem freien Markt überlassen bleibt. Andreas Schiffel: "In anderen Bundesländern hat sich diese Regelung bestens bewährt." Hier aber werde durch die horrenden Mietforderungen der Preis für die Schilder künstlich hoch gedrückt. Ein normal kalkulierender Unternehmer habe auf dem Markt keine Chance mehr. Auch in anderer Beziehung kassiere der Kreis völlig willkürlich: "Wenn jemand sein Wunschschild beispielsweise mit seinen Initialen bestellt, kostet dieser eine Knopfdruck 20 Mark."

Der Kreis dagegen sieht laut Vieten bei den Prägern "kartellartige Strukturen", vermutet Absprachen und hält die Kritik der Schiffels für überzogen. Im übrigen stimmten auch die Summen, die im Raum sehen, nicht. In der Tat gilt das Schilderprägen als eine "Lizenz zum Gelddrucken". Es werde immer noch gut verdient, aber die "goldenen Zeiten" seien angesichts hoher Mieten und mit den längeren Öffnungszeiten deutlich gestiegenen Personalkosten längst vorbei, so Schiffel. Eine "Lizenz zum Gelddrucken" habe heute allenfalls noch der Kreis, der die Preise treibe. In der Stadt mehren sich unterdessen kritische Stimmen, die um die angedachte "Kulturmeile" an der Oberstraße fürchten. Ein "Schilderwald" der Präger könnte das angestrebte harmonische Stadtbild eines Altstadt- und Kultur-Ambiente zerstören.