Zunft der Schilderpräger im knallharten Konkurrenzkampf

KSTA 5.3.2004

 

Der Kreis will zwei weitere Ladenlokale vermieten und Umsatzbeteiligung „gegen Höchstgebot“ verlangen.

 

Euskirchen - In der Schilderpräger-Branche rumort es. Da ist zum einen die Firma von der Heyden, die an der Sebastian-Kneipp-Straße Autokennzeichen herstellt. Das Unternehmen hat vis-à-vis der Kreisverwaltung, dem Sitz der Zulassungsstelle, quasi eine Monopolstellung. Denn weit und breit gibt es keine Konkurrenz. Doch jetzt sieht Firmenchef Manfred von der Heyden sein Geschäft bedroht.

Da ist zum anderen die Firma Schreiber, die sich auch aufs Schilderprägen versteht. Sie ging ihrem Gewerbe seit 1997 ebenfalls an der Sebastian-Kneipp-Straße nach - bis sie ihren Laden 2001 von Amts wegen schließen musste.

 

Beide Unternehmen haben mittlerweile die Gerichte angerufen, allerdings mit unterschiedlicher Absicht - und mit verschiedenen Kontrahenten. Im ersten Fall ist der Kreis Euskirchen der Gegner, im zweiten die Stadt Euskirchen.

 

Ein Blick zurück: Die Firma Heyden druckt in Euskirchen schon seit 1973 Schilder. 1994 bezog man das Haus Sebastian-Kneipp-Straße 28. Dies ist ein zweifellos guter Standort. Denn wenn man Autokennzeichen prägt, ist die Nähe zur Zulassungsstelle das A und O.

 

„Alles in Ordnung?“

 

Drei Jahre später ließ sich, nur etwa 20 Meter entfernt, die Firma Schreiber nieder. Im Haus Sebastian-Kneipp-Straße 22, wo bis dahin eine Ingenieurgesellschaft ihren Sitz gehabt hatte, druckte nun ein zweites Unternehmen Kfz-Kennzeichen. Wer im Straßenverkehrsamt sein Auto zuließ, hatte fortan die Wahl zwischen zwei Anbietern.

Von der Heyden und Schreiber existierten nebeneinander, bis sich Manfred von der Heyden 2001 bei der Stadt Euskirchen erkundigte, „ob es in Ordnung ist“, dass die Firma Schreiber im Haus Nr. 22 einen Schilderdienst betreibt. So formulierte es von der Heyden im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Anwalt der Firma Schreiber, Norbert Häger, umschreibt die Dinge anders: Von der Heyden habe bei der Stadt Einwendungen gegen den Konkurrenzbetrieb erhoben, weil er sich offenbar in seiner Monopolstellung beeinträchtigt gefühlt habe.

Manfred von der Heyden streitet dies nicht ab: „Man muss reagieren, wenn sich jemand im Wettbewerb nicht fair verhält.“ Schreibers „Unfairness“ bestand darin, sein Gewerbe in einem laut Bebauungsplan „reinen Wohngebiet“ zu betreiben, was nicht zulässig ist. Im Fall der Ingenieursgesellschaft hatte dies offenkundig niemanden gestört. Schreiber jedoch musste sein Geschäft prompt auf Geheiß der Stadt schließen. Von der Heyden durfte derweil weiter Autokennzeichen verkaufen. Denn sein Ladenlokal liegt, obwohl nur einen Steinwurf entfernt, im „allgemeinen Wohngebiet“. Dort ist Gewerbe erlaubt.

Die Firma Schreiber wollte nicht hinnehmen, dass die Stadt per Bebauungsplan an der einen Stelle untersagt, was 20 Meter weiter zulässig ist. Im städtischen Beschwerde-Ausschuss erlitt die Firma mit ihrem Argument, dass die Stadt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, aber Schiffbruch. Die CDU als Mehrheitsfraktion hielt es mit der Stadtverwaltung, die auf die Regelungen im Bebauungsplan verwies.

 

Weiter hieß es, dass mit Protesten aus der Nachbarschaft zu rechnen sei, falls Schreiber im Haus Nr. 22 wieder Schilder prägen würde. Zudem biete das Unternehmen seinen Service mittlerweile an der Roitzheimer Straße an. Daher sei „weder das Dienstleistungsangebot auf diesem Sektor noch die Wettbewerbssituation eingeschränkt“.

Kurt Baumann, der für Schreiber arbeitet, sieht die Dinge völlig anders. Zum einen sei ein Schilderladen an der Roitzheimer Straße, wegen der Entfernung zur Zulassungsstelle, im Wettbewerb ohne Chance. Zum anderen, so Baumann weiter, hätte das Gros der Nachbarschaft keine Einwände, wenn Schreiber im Haus 22 wieder Schilder prägen dürfte: „Der Einzige, der sich beschwert hat, war von der Heyden.“

Baumann hat natürlich das Wohlergehen seiner eigenen Firma im Auge. Er betont aber auch, dass es dem Verbraucher zugute kommen würde, wenn wieder zwei Konkurrenzbetriebe nebeneinander existierten. Die Stadt sieht jedoch keinen Anlass, von ihrer Haltung abzurücken. Erst recht, weil sie kürzlich in einem Rechtsstreit mit Schreiber vor dem Verwaltungsgericht Aachen obsiegte. Das Unternehmen wollte sich per Klage das Recht erstreiten, das Haus Sebastian-Kneipp-Straße 22 wieder gewerblich zu nutzen, unterlag aber.

 

An der komfortablen Position der Firma von der Heyden als Quasi-Monopolist ändert sich also nichts. Wer nun glaubt, Manfred von der Heyden sei rundum zufrieden, liegt allerdings falsch. Denn schon wieder droht Konkurrenz, diesmal von der anderen Seite des Jülicher Rings. Die Kreisverwaltung will in ihrem Anbau, der derzeit entsteht, zwei Ladenlokale für Schilderpräger einrichten. Der Standort gilt wegen der unmittelbaren Nähe zum Straßenverkehrsamt als optimal.

Der Kreis plant gleich zwei Läden, „um den Wettbewerb zu fördern und so den Bürger-Service zu optimieren“, sagte der zuständige Geschäftsbereichsleiter Johannes Adams. Die beiden Ladenlokale würden, nach bundesweiter Ausschreibung, „gegen Höchstgebot“ vergeben. Derzeit stockt das Verfahren allerdings. Denn Manfred von der Heyden hat beim Verwaltungsgericht Aachen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt - mit dem Ziel, dass der Kreis die Ausschreibung nicht veröffentlicht. Noch hat das Gericht nicht entschieden.

 

Von der Heyden will die Zulässigkeit der Ausschreibung überprüfen lassen: „Ich bezweifle, dass der Kreis sich derart in den Markt einmischen darf.“ Nach seinen Angaben sollen die Firmen, die den Zuschlag für die beiden Läden erhalten, nicht nur eine Grundmiete von 55 Euro pro Quadratmeter zahlen, sondern auch eine Umsatzbeteiligung - wodurch sich Adams' Formulierung vom „Höchstgebot“ erklärt.

 

Wer am meisten bieten wird, ist für von der Heyden klar: „Die großen Holdings, die in Deutschland bis zu 40 Filialen betreiben. Gegen die haben wir keine Chance.“ Von der Heyden selbst, dessen Firmenzentrale ihren Sitz in Hagen hat, betreibt immerhin zehn Filialen. Er befürchtet, dass er seinen Euskirchener Laden dichtmachen muss, wenn sich im Kreishaus zwei Konkurrenzunternehmen niederlassen. Denn: „Bei den Schilderpreisen, die die Großen der Branche anbieten, können wir nicht mithalten.“

 

Kurt Baumann fällt dazu nur ein Satz ein: „Mir kommen die Tränen.“