Aus dem Dickicht des Schilderwaldes

Dortmund, 09.08.2007, Von Gregor Boldt


Die Forderung ist saftig: 1,5 Millionen Euro Schadensersatz will Michael Böhm von der Stadt Dortmund haben. Diese hatte sein Ladenlokal in der Berswordthalle seiner Meinung nach im April 2006 zu Unrecht räumen lassen. Hintergrund des Regressanspruchs ist

Böhm betrieb in der Berswordthalle ein Versicherungsbüro, indem er auch Autoschilder prägen ließ. Wegen Mietrückständen setzte die Stadt ihn vor die Tür. Böhm wirft der Stadt vor, ihn gegenüber dem Dortmunder Marktführer der Branche, der Elfriede Jahn KG, benachteiligt zu haben. "Die Stadt hat sich von Jahn eine höhere Miete zahlen lassen als die Räume wert waren. Als Gegenleistung sollte kein zweiter Schilderladen in die Berswordthalle ziehen." Dieser Vorwurf, den Jahn bestreitet, ist bereits im Rechtsamt der Stadt eingegangen. Er sei nach Aussage der Pressestelle aber kein neuer Sachverhalt.

Schutzabsprachen mit Eigentümern

Zum Erstbezug der Berswordthalle im Jahr 2001 waren dort zwei Schilderpräger vertreten, wovon einer wenig später jedoch Insolvenz anmeldete - danach blieb Jahn allein in der Berswordthalle und begann, wie Böhm auch, Versicherungen zu verkaufen. Ihm sei jedoch untersagt worden, ebenfalls Schilder prägen zu lassen. Böhm hat seinen Geschäftsausfall auf 1,5 Millionen Euro berechnet und will vor Gericht ziehen. Die Stadt bleibt gelassen. Das Schreiben von Herrn Böhm sei nicht Besorgnis erregend, heißt es aus der Pressestelle.

Trotzdem bleiben Fragen offen. Bis Februar dieses Jahres hatte Jahn noch sein Ladenlokal in der Berswordthalle angemietet. Dort musste das Unternehmen jedoch aussziehen, weil Mitbewerber Schilder Kroschke geklagt hatte, ein Werbeschild in der Berswordthalle aufstellen zu können. Das sollte auf das Geschäft auf dem Friedensplatz hinweisen. Zur Wahrung der Wettbewerbschancen. Die Stadt wehrte sich - bis zur letzten Instanz. Der Bundesgerichtshof gab Kroschke schließlich Recht. Doch statt sein Schild aufstellen zu dürfen, sorgte die Stadt einfach für gleiche Bedingungen. Jahn musste ausziehen - in ein Ladenlokal an der oberen Kleppingstraße. Doch damit verzichtet die Stadt auf Mieteinnahmen, die über 10 000 Euro/Monat betragen sollen. Denn seit Februar stehen die Räume in der Berswordthalle leer. Sie sollen verwaltungsintern genutzt werden. Wie, das sei noch nicht klar.

An anderer Stelle verdient die Stadt Geld an den Schilder-Läden. Rund um die Bezirksstellen der Verwaltung, in denen auch Autos zugelassen werden können, wie in Eving und Lütgendortmund, siedelten sich unterschiedliche Schilderpräger an. Immer dabei und in bester Lage: Schilder Jahn. Schutzabsprachen mit Hauseigentümern sollen nach Auskunft eines Mieters vor Ort verhindert haben, dass sich die Konkurrenz in nächster Nähe einmietet. Jahn ist außerdem das einzige Unternehmen, das auch in den Außenstellen für sein Geschäft werben darf. "Die Fläche schreiben wir jährlich aus", sagt Stadtsprecher Udo Bullerdiek. Nur wussten die Mitbewerber Kroschke, Schmidt und weitere Schilderpräger nichts davon. "Erst auf Nachfrage habe ich erfahren, dass die Fläche öffentlich ausgeschrieben wird", sagte Martin Schmidt.